Schicksale jüdischer und „staatsfeindlicher“ Ärztinnen und Ärzte nach 1933 in München

Schicksale jüdischer und „staatsfeindlicher“ Ärztinnen und Ärzte nach 1933 in München Bild

Am 30. September 1938 wurde allen jüdischen Ärztinnen und Ärzten die Approbation entzogen und damit die Berufsausübung verboten. In dieser Zäsur kulminierte eine jahrelange gesellschaftliche und berufliche Diskriminierung, Ausgrenzung, Diffamierung und Entrechtung. Jüdische Ärztinnen und Ärzte verloren Beruf, Doktortitel und Lebensentwurf.
Schon 1933 war deutsch-jüdischen Ärzten die Fortführung der kassenärztlichen Versorgung ihrer Patienten untersagt worden. Viele Ärzte waren von ihren Funktionen und Aufgaben in Universitätskliniken und Krankenhäusern entlassen worden, obwohl sie häufig Jahrzehnte lang Leitungsfunktionen inne gehabt und unbestritten über eine sehr hohe klinische Kompetenz und ein sehr hohes wissenschaftliches Ansehen verfügt hatten. 1939 wurde die Verordnung auch auf jüdische Zahnärzte, Tierärzte sowie Apotheker ausgeweitet. 1933 gab es im Reichsgebiet etwa 9000 jüdische Ärzte. Für die zum Zeitpunkt des De-facto-Berufsverbots in Deutschland verbliebenen 3152 Mediziner bedeutete das „Erlöschen" ihrer Approbation die Vernichtung ihrer beruflichen Existenz. 709 jüdische Mediziner - 14 in München - durften als „Krankenbehandler" noch ihre eigenen Familien und andere Juden behandeln. Bis 1938 hatten viele jüdische Ärzte in Deutschland bereits den Suizid oder das Exil gewählt.
Wie Lebensgeschichten zerstört wurden, dokumentiert das Buch eindrücklich. Im Gedenken werden einzelne Schicksale exemplarisch porträtiert: Offiziellen Dokumenten zur Diffamierung, Ausgrenzung und Existenzvernichtung werden dabei persönliche Zeugnisse gegenübergestellt.
In ausgestellten Briefen und Erinnerungen kommen die Betroffenen selbst zu Wort: Julius Spanier etwa, der das KZ Theresienstadt überlebte, nach 1945 Leiter des ÄKBV München war und bis 1955 Chefarzt eines Säuglingskrankenheims. Oder Erich Benjamin, Leiter eines Kindersanatoriums und Pionier der Kinderpsychiatrie, der 1943 in der Emigration in den USA starb. Auch Magdalena Schwarz, die nach Entzug ihrer Approbation noch als „jüdische Krankenbehandlerin" tätig war und überlebte, weil sie vor der letzten Deportation 1945 im Schwabinger Krankenhaus versteckt wurde. Sie praktizierte bis 1971 in München.


1988, 140 Seiten, 21x26 cm, Softcover

 

 

Autor: Renate Jäckle / Liste Demokratischer Ärzte Münc

Seiten: 140

 

€12.40